Krankheiten
Laut einer Studie des Instituts für Veterinärbakteriologie Zürich Hoop et al. aus dem
Jahr 2008 zählen folgende Krankheiten in absteigender Reihenfolge zu den
wichtigsten in der Schweiz sowie in anderen europäischen Staaten: Darmkokzidiose,
Dysenterie, Leberkokzidiose, Mukoide Enteritis, Pasteurellose, Pneumonie, Rhinitis
und Adipositas. In den letzten 3 Jahren scheint auch die Encephalitozoonose (EC)
ein zunehmendes Problem für Kaninchen in der Heimtierhaltung und auch Zucht zu
werden.
In einem Artikel von Langenecker und Kollegen aus dem Jahr 2009 wurden
Ergebnisse verschiedener Arbeiten zum Thema “Krankheiten bei Hauskaninchen” auf
der Grundlage von Vorstellungsgründen und Diagnosen zusammengefasst, welche in
dem folgenden Diagramm zusammengefasst wurden. Dafür wurden gleiche
Diagnosen addiert. "Kastrationen" und "Impfungen" als Diagnosen bzw.
Vorstellungsgründe werden in dem Diagramm nicht berücksichtigt.
Die häufigsten Vorstellungsgründe und Diagnosen für Kaninchen in der tierärztlichen
Praxis, nach Daten aus Langenecker, et al. 2009 (Gesamtanzahl der dargestellten
Fälle n=2902)
Das Diagramm stellt eine besondere Form dar, die so genannte "Pareto-Analyse".
Die Balken geben die Anzahl der jeweiligen Diagnosen wieder, die blaue Linie deren
"kumulativen Häufigkeiten" in Prozent. Das bedeutet, das Zahnerkrankungen (Zähne)
mit 37% der häufigste Vorstellungsgrund war und Abszesse mit 12% der
zweithäufigste. Die blaue Linie gibt die Summe der Werte wieder, so dass beide
zusammen 49% ergeben (rechte vertikale Achse im Diagramm). So lässt sich relativ
schnell und einfach feststellen, dass in dieser Untersuchung Zahnerkrankungen und
Abszesse die Hälfte aller vorgstellten Patienten betraf. Zusammen mit EC beträgt der
Wert 59% usw.. Die sechs Diagnosen Zähne (Zahnerkrankungen), Abszesse,
Enzephalitozoonose, Trauma, Augenerkrankungen und Frakturen ergeben ca. 80%
aller Diagnosen. Dass die blaue Kurve nicht die 100% erreicht liegt daran, dass nicht
alle Diagnosen in den jeweiligen Quellen aufgeführt wurden.
Als "Neoplasien", die mit 4,5% aller Diagnosen in dem Diagramm aufgeführt sind,
werden ganz allgemein Umfangsvermehrungen von Gewebe bezeichnet. Dazu
zählen gutartige (benigne) und bösartige (maligne) Tumore. Eine Abgrenzung der
Formen und der betroffenen Körperteile bzw. Organe erfolgte in dem Artikel nicht.
In den eigenen Untersuchungen von Langenecker, et al. betrug der Median für das
Alter der Kaninchen, die wegen Zahnproblemen vorgestellt wurden, 3,3 Jahre. Das
heißt, es handelte sich um erworbene Zahnfehler (Haltung, Ernährung, Unfall).
Erbliche Zahnfehler sind bis zu einem Lebensalter von 8-10 Wochen bereits manifest,
müss(t)en also behandelt werden.
Als eine Quelle in dem Artikel von Langenecker, et al., 2009 wurde die Dissertation
von I. Rheker aus dem Jahr 2001 genutzt. In dieser Arbeit wurde u. a. die
Entwicklung des quantitativen Anteils der Heimtierpatienten am Patientenaufkommen
der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover von 1990-
1999 untersucht. Die Ergebnisse sind in der Form eines Pareto-Diagramms
dargestellt.
Die häufigsten Vorstellungsgründe und Diagnosen für Kaninchen in der Klinik für
kleine Heimtiere an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, nach Daten aus Rheker,
2001
In der Dissertation wurden "Tumore" (2,5%) abgegrenzt von "Uterustumoren", die mit
einem Anteil von 0,2% vertreten waren - und das über einen Zeitraum von 10 Jahren.
Im Jahr 1990 wurde bei einer Gesamtzahl an Patienten von 214 bei 2 Tieren ein
Uterustumor diagnostiert, 1991 bei einem von 210 Tieren, 1992 ebenfalls bei einem
Tier von insgesamt 202 Tieren und in den Jahren 1993-1999 kein einziger Fall eines
Uterustumors.
Eine Aufstellung von Blog-Artikeln, die sich mit Uterustumoren im Zusammenhang
mit der Kastration von Häsinnen auseinandersetzen, finden Sie am Ende dieser
Ausführungen.
Da die Auswertung von Rheker eine Zeitreihe enthält, ist auch eine Auswertung
anhand der Originaldaten nach einem möglichen Trend möglich. Das folgende
Diagramm stellt die Entwicklung von Diagnosen bzw. Vorstellungsgründen an der
Klinik Hannover über den Zeitraum von 10 Jahren dar.
Die 10 häufigsten Vorstellungsgründe und Diagnosen für Kaninchen in der Klinik für
kleine Heimtiere an der Tierärztlichen Hochschule Hannover über den Zeitraum von
1990-1999, nach Daten aus Rheker, 2001
Aus dem Diagramm wird ersichtlich, dass der häufigste Vorstellungsgrund bzw. die
häufigste Diagnose Erkrankungen des Gebisses war und dieser auch in einem
Zeitraum von 10 Jahren (1990-1999) am stärksten zugenommen hat. Beschriftet sind
der Übersichtlichkeit wegen nur die drei häufigsten Gründe über den Zeitraum von 10
Jahren.
In vier unabhängigen Arbeiten, die Vorstellungsgründe und Diagnosen für Kaninchen
untersuchten, die in vier unabhängigen tierärztlichen Einrichtungen getroffen wurden,
waren Uterustumore deutlich unterrespräsentiert. Selbst mit der Annahme, dass alle
Diagnosen, die "Neoplasien" oder "Tumore" Uterustumore gewesen sein sollten,
würde der Anteil 2,5-5% betragen. Tatsächlich betrug er aber eher weniger als 1%.
Der Zeitraum der Untersuchungen, die von Langenecker und Kollegen ausgewertet
wurden, lag zwischen 1981-2003.
Abschließend bleibt festzustellen, dass außer der jüngst auftretenden RHD2-Seuche
die häufigsten Krankheitsgründe für Kaninchen nach wie vor ernährungs- und/oder
haltungsbedingt die Zähne bzw. das Gebiss (Abszesse) sowie Erkrankungen des
Verdauungsapparates sind.
Krankheiten, solange sie nicht infektiös sind, haben meist mehrere Ursachen - auch
„multifaktorelle“ Ursachen genannt. Selbst Krankheiten wie Kokzidiose oder ME
(Mukoide En-teritis) haben meist mehrere verschiedene Ursachen, zu denen als ein
Fakor immer die Ernährung gehört. Sie legt den Grundstein für ein robustes
Aufwachsen und ein starkes Immunsystem, das in der Lage ist, sich gegen
Krankheitserreger zu wehren. Fehlen dem Körper Antikörper, ist er gegen jede Form
von Erkrankung anfällig. Das Ausbrechen von Krankheiten ist abhängig von der
Verfassung bzw. Konstitution des Tieres, der Krankheitsbereitschaft (Disposition) und
dem Einwirken verschiedener innerer und äußerer Faktoren. Daraus erklärt sich
auch, dass nicht unbedingt alle Tiere in einem Bestand erkranken müssen. Manche
werden zwar infiziert, sind jedoch in der Lage, mit den Krankheitserregern fertig zu
werden. Faktoren für Erkrankungen können z.B. sein: das Alter, Erbfehler,
stressbedingte Ursachen wie Geburt oder das Absetzen von der Mutter,
Haltungsfehler wie mangelnde Bewegung, schlechtes Klima, fehlende
Wasserversorgung, unzureichende bzw. fehlerhafte Ernährung, schlechte Hygiene
oder kranke, neue Tiere, die vorhandene infizieren. Normalerweise tragen viele Tiere
Parasiten oder Bakterien in sich, ohne zu erkranken. Zwischen Tier und Erregern
herrscht ein Gleichgewicht. Durch bestimmte Faktoren wie z.B. rasche
Ernährungsumstellungen oder Stress kann dieses Gleichgewicht gestört werden und
die Körperabwehr ist nicht mehr im Stande, sich der Erreger zu erwehren.
"Als Infektion bezeichnet man das Eindringen, Haften, Vermehren und Ausbreiten
von Krankheitserregern in einem Wirtsorganismus." (Winkelmann, 2006)
Hervorgerufen werden Infektionen durch Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilzen. Seit
einiger Zeit häufen sich auch Krankheiten bei Haltern, mit denen sich bisher
eigentlich eher Züchter oder Massentierhaltungen auseinander zu setzen hatten.
Hauptursachen sind oft die Haltung (z.B. mangelnde Bewegung) und
Fütterungsfehler.
Weiterführende Informationen zum Thema “Uterustumore” sowie der Kastration
von weiblichen Kaninchen
Die Kastration von Kaninchen, Teil 1: Recht & Gesetz
Die Kastration von Kaninchen, Teil 2: HRS & Greene
Die Kastration von Kaninchen. Teil 3: Die Studien von Greene
Die Kastration von Kaninchen. Teil 4: Kastrationsfristen
Die Kastration von Kaninchen. Teil 5: Kastrationsrisiko
Ausgewählte Literatur zum Thema "Inzidenz der Uterustumore bei Kaninchen"
Kaninchen würden Wiese kaufen
© A. Rühle: 2008-2023
© A. Rühle: 2008-2024