Fortsetzung ... zurück zu Teil 1
Immunantwort
Das Immunsystem von Säugetieren wird u. a. zwischen einem angeborenen und
einem erworbenen unterschieden. Eine weitere Unterscheidung besteht in der
humoralen und zellulären Immunantwort. Der grundlegende Aufbau und die
Wirkungsweise wurden bereits früher von mir in zwei Teilen der Kleintiernews erläutert
(Rühle, 2019a, 2019b).
Jeklova et al., 2020 folgerten aus einer Untersuchung mit der Infektion
immunkompetenter Kaninchen, dass eine orale E. cuniculi-Infektion bei
immunkompetenten Kaninchen eine subklinische Infektion mit der Aktivierung von
humoralen und zellvermittelten Immunantworten verursacht. Die Dissemination
(Verbreitung) der Mikrosporidien im Körper des Kaninchens, insbesondere in das
Nervengewebe, erfolgte schneller als bisher berichtet wurde, da E. cuniculi bereits
nach 2 Wochen nach der Infektion in verschiedenen Nervengeweben nachgewiesen
werden konnte. Die zellvermittelte Immunität wurde durch die Fähigkeit sowohl von
CD4+ als auch CD8+ T-Zellen charakterisiert, sich nach einer Stimulation mit
spezifischen Antigenen zu vermehren. Eine Vermehrung von T-Helferzellen in der
Immunantwort wurde überwiegend in der Milz, den mesenterialen Lymphknoten und
den Peyer Plaques festgestellt. Die erhöhte Expression von IL-4 und IL-10 mRNA in
Mischproben aus dem Dünndarm deutete auf eine ausgewogene Kontrolle von IFN-γ
hin, die Gewebeschäden verhinderte. Andererseits kann es eine Rolle bei der Fähigkeit
von E. cuniculi spielen, im Wirtsorganismus in einer ausgewogenen Wirt-Parasit-
Beziehung zu überleben und zu persistieren.
Interleukin 4 (IL-4) sind Zytokine (Botenstoffe) mit anti-inflammatorischen
Eigenschaften, bei Interleukin-10 handelt es sich um Zytokine, die unter anderem
begrenzend und hemmend auf Abwehrvorgänge wirken und somit den Organismus
davor schützen, sich durch übersteigerte Entzündungsprozesse selbst zu zerstören.
Interferon-Gamma (IFN-γ) wird vor allem von T-Lymphozyten nach Kontakt mit
antigenpräsentierenden Makrophagen gebildet und zeichnet sich durch seine
immunstimulierende wie auch antivirale und antitumorale Wirkung aus. Erst eine
schwache Immunantwort führt zu klinischen Krankheitsanzeichen oder sogar zum Tod.
Andererseits kann eine überschießende Immunantwort zu Gewebeschäden führen, wie
es bei Carnivoren mit Enzephalitozoonose der Fall zu sein scheint. Daher kann es für
den Wirt vorteilhaft sein, ausreichende Reaktionen zu entwickeln, um eine Persistenz
der Mikrosporidien zu ermöglichen, während eine Immunreaktion, die stark genug ist,
um E. cuniculi zu eliminieren, dem Wirt mehr Schaden zufügen kann als das bloße
Vorhandensein einer geringen Anzahl von Mikrosporidien (Jeklova et al., 2020).
Neben der Milz und Lymphknoten im Gekröse ist das „Gut Associated Lymphoid
Tissue“ (GALT, Darmassoziiertes Immunsystem) ein wichtiger Ort für die
Immunantwort. Es umfasst ein organisiertes lymphatisches Gewebe, das aus den
Peyer Plaques, dem Blinddarm, dem Blinddarmfortsatz, dem Sacculus rotundus und
einer diffusen Form der „Lamina propia“ (Schleimhaut) sowie Lymphozyten in
Geweben besteht (Carabaño et al., 2010). Die Peyer Plaques sind Bestandteil der
Darmschleimhaut und spielen, neben der Abwehr von Darminfektionen, eine wichtige
Rolle bei der Verbreitung immunologischer Informationen. Hier finden sich B- und T-
Lymphozyten sowie CD4+- und CD8+-Zellen. So führte z. B. die Entfernung von
Lymphgewebe der Peyers Plaques bei Ratten zu einer deutlichen Veränderung der
Immunlage des Organismus (Enders et al., 2013). 80-90% aller Zellen, die Antikörper
produzieren, sind in der Darmschleimhaut lokalisiert.
Bild 4: Lokalisation des darmassoziierten lymphatischen Gewebes im Darm (engl.: „Gut
Associated Lymphoid Tissue“, GALT)
Für das Immunsystem sind verschiedene Nährstoffe nötig, die die GALT-Entwicklung
und somit die somatische Diversifikation von Ig fördern. Das heißt, dass die Nahrung
nicht nur dem Aufbau und der Erhaltung eines Organismus dient, sondern auch seinem
Immunsystem, indem mit bestimmten Nährstoffen z. B. die Darmschleimhaut intakt
hält, die der Ort notwendiger Immunreaktionen ist. Zu diesen Nährstoffen gehören
insbesondere die essentiellen Aminosäuren Leucin, Tryptophan, Arginin, Glutamin,
Taurin, Methionin und Cystin. Ein Mangel an Tryptophan führt z. B. zu einer Atrophie
der Darmzotten. Essentielle Omega-3-Fettsäuren verbessern die T-Zell-Funktion sowie
die Aktivierung natürlicher Killerzellen und Makrophagen. Weitere Einflüsse von
Nährstoffen u. a. auf das Immunsystem wurden von Rühle, 2019c beschrieben.
Reinigung, Desinfektion
Nach Didier et al., 2012 können Sporen innerhalb von Minuten durch verschiedene
Desinfektionsmittel wie Wasserstoffperoxid, Peroxyessigsäure, N-
Alkyldimethylbenzylammoniumchlorid (Lysol), Didecyldimethylammoniumchlorid
(DDAC) sowie 2 % Phenol und 10 % Formalin inaktiviert werden. Innerhalb von
Sekunden wäre eine Desinfektion durch 1-10 % Bleichmittel und 70 % Ethylalkohol
wirksam.
Fütterung
Da als Hauptweg der Übertragung von E. cuniculi Sporen der Urin gilt, sollte dafür
gesorgt werden, dass von Kaninchen das Futter nicht vom Boden aufgenommen wird.
Heu, frische Grünpflanzen wie auch Gemüsegrün sollten in Futterraufen angeboten
werden. Bei Lagerorten für Raufutter wie Heu sollte sichergestellt sein, dass Nager wie
Mäuse und Ratten keinen Zugang haben.
Bild 5: Heuraufe
Pflanzen
Als Pflanzen, die nach Erfahrungen die Symptome einer Erkrankung lindern können,
gelten z. B. Bärenklau und Schopf-Lavendel. Sie enthalten u. a. Substanzen wie
Furanocumarine, die ein Anfallsgeschehen wie z. B. Krämpfe positiv beeinflussen
können (Rühle & Stiess, 2010; Rühle, 2018). Diese Fälle sind nicht wissenschaftlich
begleitet und dokumentiert worden.
Bild 6: Wiesenbärenklau
Bild 7: Schopf-Lavendel
Zusammenfassung
•
Encephalitozoonose ist eine Erkrankung, die durch den parasitären Erreger E.
cuniculi hervorgerufen wird und im Wirt asymptotisch, akut oder latent verlaufen
kann.
•
Populationen von Hauskaninchen sind bis zu 96% mit E. cuniculi infiziert, was vor
allem von den Haltungsbedingungen abhängt. Wildkaninchen sind, regional
abhängig, nur selten infiziert.
•
Der Nachweis von IgM-spezifischen Antikörpern gegen E. cuniculi ist ein Indikator
für eine aktive Infektion, während IgG-spezifische Antikörper auf eine chronische
bzw. latente Infektion hinweisen.
•
Nach einer peroralen Infektion sind IgM-spezifische Antikörper nach ca. 2
Wochen nachweisbar und verringern sich nach ca. 8 Wochen.
•
IgG-spezifische Antikörper sind nach 3-4 Wochen einer peroralen Infektion
nachweisbar.
•
Eine Infektion mit E. cuniculi bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Kaninchen an
Encephalitozoonose erkranken muss.
•
Eine Erkrankung tritt in der Regel erst dann ein, wenn pathologische,
metabolische oder umweltbedingte Belastungen (Stress) hinzukommen.
•
Die Schwere einer Erkrankung hängt von der Menge und Infektiosität der Erreger
E. cuniculi ab.
•
Das GALT spielt eine wichtige Rolle für die Immunantwort bei einer Infektion mit
E. cuniculi (und anderen Erregern).
•
Für die Etablierung eines funktionierenden GALT sind verschiedene Nährstoffe
unabdingbar.
•
Nahrung für Kaninchen sollte nicht auf dem Boden angeboten und geschützt vor
Nagetieren gelagert werden.
Literatur: https://www.kaninchen-wuerden-wiese-
kaufen.de/kleintiernews/0025_Literatur_EC.pdf
zurück zu Teil 1
Kaninchen würden Wiese kaufen
© A. Rühle: 2008-2023
© A. Rühle: 2008-2024